29.03.18 - Pflanzenhybride und die Folgen – ein Bericht von Barbara Alpen

Wie steht es um unser Saatgut? 

Ein Bericht von Barbara Alpen

im Vorstand der Genussgemeinschaft Städter und Bauern und aktives Mitglied in der Münchner SoLaWi „Waldgärtner“: http://www.alpen-heilpraxis.de/

Wer jetzt denkt: „Geht mich nichts an, ich esse nur Bio“ tappt in eine Falle!

Die internationalen Saatgut-Konzerne gehören auch im Bereich Bio-Saatgut-Hersteller zu den großen Playern:

Sie stellen u.a. Hybrid-Samen für den Bio-Anbau her und F1- Hybride machen im Bio-Gemüse Geschäft inzwischen einen Großteil der angebotenen Waren aus.

Buchempfehlung: Anja Banzhaf “Saatgut – Wer die Saat hat, hat das Sagen“, München 2016, Oekom Verlag

Wie entstehen Pflanzenhybride?

In sehr seltenen Fällen findet Hybridisierung auch unter natürlichen Bedingung statt. Die daraus entstandenen Mischtypen sind nicht mehr fortpflanzungsfähig. Die Hypridisierungs-Technik kam vor ca. 100 Jahren von USA nach Europa und ist inzwischen die Standardmethode der Pflanzenzüchtung. Die Ziele sind: Ertragssteigerung, Resistenzen, Normierung und Abhängigkeit vom Saatguthersteller.

Inzucht und Polarisierung

Wie läuft eine Hybridisierung ab? Zwei sehr unterschiedliche Pflanzentypen (Typ A und Typ B) werden auf Grund ihrer gewünschten Eigenschaften als Elternpflanzen gewählt und in vitro durch Inzuchtlinienführung innerhalb einer Generation (früher 6-8 Generationen) auf Reinerbigkeit gezüchtet.

Im Anschluss wird die Elternlinie vom Typ A mit der Elternlinie vom Typ B gekreuzt. Daraus entstehen die F1-Hybride. Diese einheitlich uniformen F1-Hybride weisen ein gesteigertes Wachstum und eine höhere Massenbildung auf, was auf die Unterschiedlichkeit der Elternpflanzen zurückzuführen ist (Heterosiseffekt). Die F1-Hybride sind nicht nachbaufähig, nach einmaligem Anbau kommt es zu einem drastischen Wachstumsabbau (Wachstumsdepression), sie entwickeln Missbildungen und ein chaotisches Sortenbild. Durch die Hybridisierung ist die Pflanze nicht mehr in der Lage sich zukünftig an die Bedingungen ihres Lebensraumes anzupassen. Natürliche Schutzvorrichtungen z.B. vor Selbstbestäubung werden umgangen und die Vitalität der Pflanzen geschwächt, sodass bereits bei der Inzuchtlinienführung viele Pflanzen absterben. Man spricht von einer regelrechten Inzuchtdepression. Das „Sich-wandeln-können“ und „Sich-anpassen-können“ und somit die eigentlichen artenspezifischen Entwicklungsrhythmen der Pflanzen werden verhindert.

Aber wie stellt man sicher, dass eine Inzuchtpflanze vom Typ A ausschließlich von einer Inzuchtpflanze des Typ B bestäubt wird?

Isolierung

1.Entweder durch pollenabtötende Wirkstoffe (Gametoizide), damit sterben die Pollen der ausgewählten Sorte ab, oder

2.Man verwendet Pollen, die erblich bedingt keinen befruchtungsfähigen Pollen mehr ausbilden = Pollensterile Pflanzen: dafür werden im Labor unter Zuhilfenahme von Chemikalien die Zellhäute von zwei artfremden Zellen aufgelöst (z.B. natürlich vorkommender männlich steriler Samen von Karotten mit zu züchtendem Chicorée), danach werden die daraus entstandenen negativ geladenen Protoblasten über ein elektrisches Feld zur Verschmelzung gezwungen (Protoplastenfusion) und die noch fruchtbare Zelle radioaktiv zerstört.

Die Herstellung von solchen Pflanzen-„Cybriden“, auch CMS-Hybride (Cytoplasmatische Männliche Sterilität) genannt, ist gentechnisch erlaubt. (Das CMS-Verfahren wird hauptsächlich bei Kohlsorten und bei Chicorée angewandt).

http://www.biofair-vereint.de/bio-regional-fair/qualitaet-regionalitaet/licht-ins-dunkel.html

Die CMS-Hybride sind das Erzeugnis von künstlich erzeugtem, widernatürlichem Kombinierens zweier komplett unterschiedlicher Pflanzentypen.

Die Ökoverbände Demeter, Bioland und Naturland halten den Einsatz solcher Zellfusionstechniken für eine Einführung der Gentechnik durch die Hintertür. Sie haben deswegen Negativlisten mit Pflanzensorten erstellt, die mit CMS-Technik hergestellt sind und verbieten den Einsatz der CMS-Hybride. 

Nach der EG-Öko-Verordnung ist der Einsatz von CMS-Saatgut jedoch erlaubt.

Damit haben diejenigen, die nach der EG-ÖKO-Verordnung CMS-Saatgut einsetzen, einen ökonomischen Vorteil.

Sie haben höhere Erträge und einen geringeren Arbeitsaufwand bei der Ernte, da die Pflanzen in einem engeren Zeitfenster reif sind und auch die optische einheitliche Qualität eher den Kundenvorstellungen entspricht. „ (http://www.biofair-vereint.de/neuigkeiten-ueber-bio-und-fair/cms-technik-im-bio-anbau-sowohl-erlaubt-als-auch-verboten.html)

Was bedeutet diese gentechnische Veränderung für die Pflanzen?

Das Kambium

„Wachstumsschicht im Spross aus teilungsfähigen Zellen zwischen Rinde (Phloem) und Holz (Xylem) bzw. Bildungsgewebe in pflanzlichen Stängeln und Wurzeln.“ (http://www.pflanzenforschung.de/index.php?cID=8070)

Am besten lässt sich das Kambium anhand des Baumstammes erklären: „Im Innern befindet sich das Kernholz, das am ältesten ist. Dann kommt, in Jahresringen angelegt, das Spintholz. Schließlich kommt das KambiumDas ist die Schicht, die ständig neues Gewebe, nach innen Holz und nach außen Bast produziert. Durch die Bastschicht, die direkt unter der Rinde liegt, fließt der Zuckersaft von den Blättern in alle anderen Teile des Baumes.“ (www.wasistwas.de) 

Um ein intaktes Kambium auszubilden muss die Pflanze zeitweise ihre Vitalität (z.B. im Winter) zurücknehmen, sonst kommt es zu Missbildungen und Qualitätsverlust. „Über die gesamte Lebensdauer einer Pflanze erhält das Kambium die Teilungsaktivität der Pflanzenzellen aufrecht und sorgt für ein richtiges Wärmeverhältnis. Die Kambienstränge ziehen sich über die Blätter in die Achse hinein und ermöglichen der Pflanze ihre Aufrichtung. Die Hybridisierung greift tief in die physischen Grundlagen einer Pflanze ein und schädigt ihr Stammzellennetz: das Kambium. Wesentliche Lebensfunktionen, wie der Fortbestand der Pflanzenform in den Folgegenerationen, werden dadurch nachhaltig verletzt.“ (Heidi Franzke)

Ob wir die Vielfalt, die Gesundheit, das natürliche Wachstum und die Anpassungsfähigkeit der Pflanzen erhalten, hängt von der Kaufentscheidung für samenfeste Sorten ab!

Samenfeste Sorten werden zu Gunsten von 30% mehr Hybrid-Ertrag zurückgedrängt und die Gärtnereien legen mehr und mehr die Macht über „die Samen“ in die Hände von Industriekonzernen, um am Markt bestehen zu können, leider auch bei Bio. Diese Konzerne bestimmen über den Preis und die Artenvielfalt. Gesunde Pflanzensorten, die z.B. einen Selbstschutz vor Selbstbestäubung haben, werden mehr und mehr zurückgedrängt.

Was kann ich als Verbraucher tun?

  • Fragt immer wieder in eurem Gemüseladen nach samenfesten Sorten, auch wenn ihr auf Unverständnis stoßt. Manche Bioläden kennzeichnen ihr Gemüse bereits.
  • Schließt Euch einer Solidarischen Landwirtschaft z.B.(https://www.waldgaertner.de/ueber-uns/wer-wir-sind/) oder einer Einkaufsgemeinschaft (https://www.genussgemeinschaft.de/) an und redet mit Eurem Gärtner! Slow Food ® (https://www.slowfood.de/) setzt sich auch für den Schutz von alten Sorten ein.
  • Kauft Eure eigenen Samen zum Beispiel auf dem Saatgutfestival im ÖBZ/München (http://www.oebz.de/default.asp?Menue=228)„Die Bienen fliegen zwar die Hybrid-Sorten an, nehmen aber die Pollen nicht auf. D.h. im Rückschluss:  unsere Bienen werden nicht nur vergiftet, sie verhungern auch!“ Empfehlung: Heidi Franzke, „Das Kambium in der Pflanze – seine Bedeutung und Funktion aus geisteswissenschaftlicher Sicht sowie die Schädigung dieses Meristems durch Technologien in der Hybridzüchtung“, September 2016 © Barbara Alpen 
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  • (https://www.kultursaat.org/termine/jahrgang-2018.html)
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  • Zum Abschluss noch etwas zum Nachdenken aus der Beobachtung einer Bienenzüchterin:
  • „Die Bienen fliegen zwar die Hybrid-Sorten an, nehmen aber die Pollen nicht auf. D.h. im Rückschluss:  unsere Bienen werden nicht nur vergiftet, sie verhungern auch!“ 

    Empfehlung: Heidi Franzke, „Das Kambium in der Pflanze – seine Bedeutung und Funktion aus geisteswissenschaftlicher Sicht sowie die Schädigung dieses Meristems durch Technologien in der Hybridzüchtung“, September 2016

    (https://www.kultursaat.org/termine/jahrgang-2018.html)

     © Barbara Alpen

     



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